Mittwoch, 21. März 2012


Kapitel 1: Am Anfang war der Ton ...  
 
Vieles wurde schon über Diary of Dreams geschrieben, im Laufe der Jahre unzählige Vermutungen aufgestellt und verbreitet, von anderen aufgegriffen und schließlich als Tatsachen hingenommen. Doch sind sie es auch? Ist Diary of Dreams tatsächlich der zweite Schritt, den Mastermind Adrian Hates in die musikalische Welt gemacht hat? Ist die Band vielleicht doch ein Soloprojekt, die weiteren Bandmitglieder reine Fiktion ihres Schöpfers und dieser gar tatsächlich wahnsinnig? Ein Freak? Ein Irrer? Nun, wir werden sehen, denn mehr als fünfzehn Jahre nach Bandgründung ist es an der Zeit, die wahre, tatsächlich gelebte Geschichte zu erzählen.
Wer hätte etwa gedacht, dass Diary of Dreams ursprünglich als doch eher gitarrenlastigeres Projekt gegründet wurde, ohne die Verwendung der schon seit Veröffentlichung des Debütalbums nicht mehr wegzudenkenden Synthesizer und dass es zunächst auch die klassische Gitarre war, deren Studien sich Adrian Hates widmete? Dass die Musik letztlich doch andere Wege nahm, mag daran liegen, dass Adrian in seiner Kindheit mit den Symphonien von Beethoven (dessen Mondscheinsonate er noch immer zu seinen Lieblingskompositionen zählt), Mozart, Vivaldi und anderen, gleichsam unübertroffenen Komponisten aufgewachsen ist und aufgrund dieser musikalischen Vorliebe seiner Eltern mit zeitgenössischer Musik kaum in Berührung kam. Auch die im Laufe der Jahre immer deutlicher werdende Harmonie in seinen eigenen Kompositionen mag darin begründet liegen, denn welch bessere Lehrer hätte er sich wünschen können als die großen Meister der alten Zeit? Und dennoch war es zunächst die bereits erwähnte klassische Gitarre, die Adrian im zarten Alter von neun Jahren in ihren Bann zog und deren Studium er sich bis in sein 21. Lebensjahr hinein widmen sollte. Nicht verwunderlich also, dass Gitarren auch heute noch eine wichtige Rolle spielen, selbst wenn manch einer sie nicht zu hören vermag.
Erst sechs Jahre nach seinen ersten musikalischen Gehversuchen, inzwischen 15 Jahre alt, sollte Adrian die für ihn so wichtig werdenden Tasteninstrumente entdecken, in einem abgelegenen Ort im Staate New York. „Ich habe da für etwa eineinhalb Jahre in einer Großfamilie gelebt.“, erinnert er sich, „Auf einem mehrere Hektar großen Grundstück. Du musstest wirklich zwanzig Minuten laufen, um zum nächsten Haus zu kommen. Ich denke, da habe ich auch meine große Freude am Alleinsein kennen gelernt. In dem Haus war immer viel los, aber das war ein riesiges Haus mit zwei Etagen und weit auseinander liegenden Flügeln und entlegenen Winkeln, da konntest du dich echt gut verziehen. Und da standen dann ein Flügel und ein Klavier. Ich saß also an diesem Flügel und drückte einfach meine Tasten. Man muss wirklich kein gelernter Pianist sein, um an dem Klang von einzelnen Tönen Freude zu haben - und dieser Flügel hatte wirklich einen unheimlich schönen Klang. Also saß ich ständig davor und habe Melodien von der Gitarre auf das Klavier übertragen. Und da die Kinder in dem Haus alle Klavierunterricht hatten, habe ich mich einfach eingereiht und hatte somit dann plötzlich Klavierunterricht.“
„Auch die Schule dort hat mir sehr geholfen, gerade in Bezug auf Kreativität. Wir hatten eine Stunde am Tag, in der wir frei schreiben mussten. Da hast du dann gesessen und solltest schreiben. Einfach nur schreiben, egal was. Und irgendwie war ich wohl sehr beliebt bei der Lehrerin, weil ich da sehr frei und andere eher mit großen Vorbehalten geschrieben haben, weil sie wussten, dass die Lehrer das lesen. Ich habe einfach geschrieben. Alles was mich gewurmt hat, habe ich da hineingeschrieben und das stieß scheinbar auf große Achtung. Ja, so hat sich das damals entwickelt. Als ich dann wieder zurück nach Deutschland kam, verspürte ich den Wunsch, meine Gedanken und Gefühle weitergehend umzusetzen, zu verwirklichen und fand mich plötzlich in diesem verrückten Haufen von Musikern wieder.“
Dieser bunte Haufen umfasste seinerzeit, im Jahre 1989, nicht weniger als sechs Musiker und – das ist wohl das Erstaunliche aus heutiger Sicht – keiner davon war Keyboarder. Der Ursprung bestand damals vielmehr aus Gitarren, Bass, Schlagzeug und Gesang, und kam Letzterer nicht einmal von Adrian.
Schließlich war er klassisch gelernter Gitarrist und als solcher auch in der Band tätig. Doch schon in diesem frühen Stadium der Bandgeschichte zeigten sich – obgleich er die Musik auch mit seinem Zutun als absolut anarchistisch bezeichnet – Adrians Hang zum Perfektionismus und Streben nach Eigenkreativität auf hohem Niveau. Keine Coverversionen, nein, ganz eigene Kompositionen mussten es sein, die der Öffentlichkeit von der jungen Formation mit ständig wechselndem Bandnamen präsentiert werden sollten, so dass neben einigen anderen auch sein ganz persönliches Gitarrenstück namens Tagebuch der Träume entstand. „Das habe ich damals nur für die klassische Gitarre, also auch ohne Gesang, ohne alles geschrieben“, so der Mastermind, „und fand den Namen einfach schön. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass der viel mehr hergibt, als nur den Songtitel eines einzigen Stücks. Also wollte ich mehr damit machen, habe ihn ins Englische übersetzt und fand, dass das unheimlich gut klingt und einen wahnsinnig schönen Raum zum Arbeiten gibt. Ich habe mir das dann einfach als Titel gegeben und unter dem Namen erst einmal gearbeitet. Zu der Zeit hatte ich ja auch schon einige andere Stücke geschrieben, die ich dann mit den Jungs spielen wollte, wobei ich betonen möchte, dass nicht allein durch meine Anwesenheit plötzlich Anspruch da war. Ich hatte natürlich den Anspruch, etwas anderes daraus zu machen, aber anfangs klangen wir vermutlich eher wie eine Schulband. Da herrschte wirklich eine ganz schöne Musik-Anarchie. Man muss sich aber auch überlegen: In dem Alter einen Haufen zusammen zu bekommen, der kreativ, technisch gut und von der Reife sehr weit ist und dann noch den gleichen Musikgeschmack hat, ist nahezu unmöglich. Unser Bassist hat eher Led Zeppelin und ähnliches gehört, während unser Schlagzeuger sich mehr auf klassischen Rock konzentriert hat. Wie du dir denken kannst, habe ich die ersten zwei, drei Stücke geschrieben, die ich auch bis heute noch kenne und ... na ja ...“, so Adrian lachend, „plötzlich waren sie alle weg. Es blieb einer übrig, und das war ...“ Alistar Kane, der Mann an Adrians Seite in der Geburtsstunde im Jahre 1989, der wohl vielen unvergessen ist und ihn als Freund und Gitarrist bei seinen nun folgenden ersten Schritten als Diary of Dreams und noch viele Jahre später begleiten sollte...

Doreen Krase
 
 

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